Der Goldkäfer
von E. A. Poe (Ausschnitt)

Aufgabe: 
Lesen Sie den Text und überlegen Sie, wie Legrand das Rätsel gelöst haben könnte!
 
 
 

Quelle: http://gutenberg.spiegel.de/poe/kaefer/kaefe001.htm
Originalversion (in verschiedenen Fassungen) unter: http://www.eapoe.org
 

[...] »Erzählen Sie nur weiter, ich bin voller Spannung!«

»Also, Sie haben ohne Zweifel die vielen Geschichten und unbestimmten Gerüchte gehört, nach denen Kidd und dessen Spießgesellen irgendwo an der Küste des Atlantischen Ozeans eine Unmasse Gold vergraben haben sollen. In dergleichen Gerüchten ist gewöhnlich ein Körnchen Wahrheit verborgen, und daß sich diese Geschichte vom Kapitän Kidd so lange erhielt, hatte meines Erachtens seinen Grund nur in dem Umstand, daß der vergrabene Schatz noch irgendwo unaufgefunden lag. Hätte Kapitän Kidd seine Schätze eine Zeitlang verborgen und später wieder in Besitz genommen, so würden die Gerüchte diese letzte Tatsache gewiß nicht verschwiegen haben. Sie wären in der Folge, als nicht mehr interessant, aus dem Gedächtnis des Volkes geschwunden. Sie haben wahrscheinlich schon bemerkt, daß man überall von Goldsuchern, fast nie jedoch von Goldfindern erzählt. Mir kam nun der Gedanke, daß irgendein Zufall – nehmen wir an: der Verlust des Schriftstückes, das die Lage des vergrabenen Schatzes ankündigte – dem Kapitän die Möglichkeit genommen habe, sich wieder in Besitz seines Eigentums zu setzen. Dieser Zufall wurde seinen Genossen bekannt und gab Anlaß zu all den Gerüchten, die jetzt so allgemein geworden sind. Haben Sie jemals gehört, daß man früher einmal an der Küste einen Schatz gehoben habe?«

»Niemals!«
»Doch ist es bekannt, daß Kidd ungeheure Schätze aufgespeichert hat. Ich hielt deshalb für gewiß, daß sie noch immer in der Erde verborgen lägen und Sie werden kaum noch überrascht sein, wenn ich Ihnen sage, daß ich die Hoffnung, ja, fast die Gewißheit in mir aufsteigen fühlte, das unter so sonderbaren Umständen gefundene Pergament enthalte die verlorene Nachricht über den Ort, an dem der Schatz vergraben lag. Ich hielt das Pergament nochmals über ein noch stärkeres Feuer, doch kam nichts weiter zum Vorschein. Da fiel mir ein, daß die dicke Lage von Schmutz vielleicht schuld daran sei, und ich reinigte das Pergamentstück sorgfältig mittels warmen Wassers. Dann legte ich es, den Schädel nach unten, in eine zinnerne Pfanne über ein Steinkohlenfeuer. Schon nach einigen Minuten war die Pfanne heiß, ich ergriff das Pergament und fand es zu meiner unaussprechlichen Freude mit Zahlen bedeckt, die in Linien geordnet zu sein schienen. Darauf legte ich es noch eine Minute lang in die Pfanne zurück und nahm es in dem Zustand heraus, in dem Sie es jetzt hier erblicken.« 
Hier zeigte mir Legrand das Pergamentstück, das er eben wieder erwärmt hatte. Zwischen dem Totenkopf und dem jungen Bock erblickte ich folgende, anscheinend von ungeübter Hand geschriebene Zeichen:
 

53++!305))6*;4826)4+.)4+);806*;48!8'60))85;1+(;:+*8!83(88) 
5*!;46(;88*96*?;8)*+(;485);5*!2:*+(;4956*2(5*-4)8'8*;40692 
85);)6!8)4++;1(+9;48081;8:8+1;48!85;4)485!528806*81(+9;48; 
(88;4(+?34;48)4+;161;:188;+?;

»Ich bin allerdings noch gerade so im unklaren wie früher«, antwortete ich und gab Legrand das Blatt zurück. »Und verspräche mir jemand für die Lösung des Rätsels alle Edelsteine von Golconda, ich könnte sie nicht verdienen.«
»Und doch ist sie keineswegs so schwierig«, meinte Legrand, »wie diese Zeichen auf den ersten Blick vermuten lassen. Sie bilden, wie leicht zu erraten ist, eine Chiffre, das heißt, sie drücken einen Sinn aus. Alles, was ich jedoch von Kapitän Kidd gehört hatte, ließ darauf schließen, daß er kein allzu gewandter Kryptograph gewesen ist. Ich nahm also an, daß diese Chiffre ziemlich einfach sein müsse und nur dem ungebildeten Seemann, solange ihm der Schlüssel fehlte, unverständlich bleiben konnte.«
»Und Sie haben den Sinn vollständig erraten?«
»Ohne allzu große Mühe! Habe ich doch Geheimschriften gelesen, die tausendmal schwieriger waren.[...]«

[Und hier geht's zur Lösung!]