Eine menschenfressende Pflanze erobert mit 57 Jahren noch immer die Bildschirme der Gegenwart

— Eine Kritik von Jenny Loth —

„The Little Shop of Horrors“ von Roger Corman ist ein Kultfilm, der sich den Titel Filmklassiker seines Genres verdient hat. 57 Jahre sind seit der Produktion des amerikanischen Streifens vergangen, seitdem gilt er als einer der erfolgreichsten B-Movies. Mit einer Produktionsdauer von nur zwei Tagen, ist er dazu auch noch einer der am schnellsten gefertigten Filme.

Diesem besonderen Film hat auch die außergewöhnliche Filmkritikerin Frieda Grafe eine Rezension gewidmet: „Der reine Schlock“. Veröffentlicht wurde der Artikel 1977 in der Süddeutschen Zeitung. Bemerkenswert ist, dass Frieda Grafe nicht auf das Schreiben angewiesen war. Deshalb konnte sie ihren Interessen nachgehen und Artikel aus Leidenschaft an der Sache verfassen. Dabei revolutionierte sie auch das filmkritische Schreiben. Sie sagte sich von der allgemeinen Ideologiekritik los und setzte die Filmkunst in Relation zu anderen Künsten. In ihrer Kritik zu „The Little Shop of Horrors“ ist ebenjenes Phänomen zu erkennen, begünstigt wird das Ganze durch die Tatsache, dass ihr Artikel erst 17 Jahre nach Produktion der Horrorkomödie entstand. Die große zeitliche Differenz verlieh Frieda Grafe bereits eine Retrospektive. Zwar ist diese nicht vergleichbar mit der eines heutigen Filmkritikers, jedoch ist Grafe, aufgrund dessen, in der Lage bereits selbst erste filmhistorische und kulturelle Kontexte zu erkennen. Weiterlesen

Reise ins Ungewisse: THE LADY VANISHES (1938) von Alfred Hitchcock

— Eine Kritik von Sabrina Heldmann

Alfred Hitchcocks „The Lady vanishes“ von 1938 ist auf Fahrt, das Tosen des Zuges in der Handlung allgegenwärtig. Frieda Grafe, eine der bekanntesten Filmkritikerinnen der Nachkriegszeit, sieht 1975 dabei in der Zugfahrt das Leitmotiv des Films, das sie als Versinnbildlichung der geistigen Entwicklung der Hauptdarstellerin begreift.

Iris Henderson (Margaret Lockwood) plant mit dem Zug von Budapest nach Basel zu reisen. Von dort will die Tochter eines wohlhabenden Marmeladenfabrikanten weiter nach London, um eine arrangierte Ehe anzutreten. Aufgrund einer Verspätung des Zugs muss Henderson jedoch zusammen mit ihren Freundinnen eine Nacht in einem Hotel in der fiktiven Diktatur Bandrika verbringen. Dort trifft sie auf den Volksmusikforscher Gilbert Redman, gespielt von Michael Redgrave. Sofort entspinnt sich eine Hassliebe, die sich in der weiteren Handlung noch weiterentwickeln wird. Als die Protagonistin am nächsten Tag mit dem Zug weiter nach Basel fahren will, fällt ihr ein Blumenkasten auf den Kopf. Die ältliche, vermeintliche Gouvernante Miss Froy nimmt sich Iris an, beide teilen sich ein Abteil. Dann schläft Iris vor dem Hintergrund ihrer leichten Gehirnerschütterung und dem Gefühl von Schwindel ein. Doch als sie erwacht, ist nichts mehr so, wie es scheint. Miss Froy ist verschwunden und niemand der Fahrgäste will sie je gesehen haben. Einzig und allein Gilbert glaubt ihr. Gemeinsam beginnt ein temporeiches Ringen um Vernunft und Verstand. Weiterlesen