André Bazin über DIE NÄCHTE DER CABIRIA

— Eine Kritik von Stefanie Markert —

André Bazin geht in seiner 1971 erschienenen Filmkritik „Cabiria: The Voyage to the End of Neorealism“ unter anderem auf den Film Le notti di Cabiria von Federico Fellini ein. Zum Vergleich zieht er meist die Filme Il Bidone, La Strada, Lo Sceicco bianco und I Vitelloni heran. Diese meist ausufernden Vergleiche ergeben sich jedoch nur für echte Kenner des fellin´schen Filmrepertoires. Eine tiefergehende Betrachtung des einen Films mit weiteren Hintergrund-informationen, beispielsweise zur Entstehungsgeschichte oder zum Regisseur, hätte ich per-sönlich wünschenswerter gefunden als ein Aufzeigen der Parallelen zu anderen Filmen.

Bazins Aufsatz gliedert sich in 6 Abschnitte, welche wir im Folgenden näher untersuchen und beurteilen werden. Im Anschluss folgt eine selbstverfasste Kritik zum Film. Weiterlesen

Alles auf Anfang
DEUTSCHLAND IM JAHRE NULL und der italienische Neorealismus

— Eine Kritik von Alexander Wax

Deutschland im Jahre Null, so der Titel des Films von Roberto Rossellini, der 1948 erschienen ist, erzählt die Geschichte des 12-jährigen Edmund und seiner Familie. Im Nachkriegsdeutschland fehlt es an allem: Geld, Nahrung und einer eigenen Unterkunft. Gemeinsam mit seinem kranken Vater, seiner Schwester Eva und seinem Bruder Karl-Heinz wohnt Edmund in einem teilweise zerstörten Wohnhaus mit anderen Flüchtlingen zusammen. Da Karl-Heinz Angst hat, sich aufgrund seiner Vergangenheit als Soldat bei der Polizei registrieren zu lassen, hat er auch keine Essenskarte. Aus diesem Grund muss die Familie mit dem Essen von drei Leuten für vier Personen auskommen. Zwar versucht Eva abends als Begleitung von Soldaten der Besatzungsmächte ein paar Zigaretten abzugreifen und sich – nach eigenen Angaben – zu zerstreuen, zum Leben reicht das Geld bzw. die Zigaretten für den Schwarzmarkt aber nicht. Auch der kleine Junge Edmund möchte die Familie unterstützen. Mit Arbeiten auf dem Friedhof und auf dem Schwarzmarkt versucht er, etwas dazuzuverdienen. Allerdings gelingt ihm dies nicht, er hat keine Arbeitserlaubnis, um auf dem Friedhof Löcher auszuheben. Auf seinem Weg durch das zerstörte Berlin trifft er auf seinen ehemaligen Lehrer, Herrn Enning. Aufgrund seiner nationalsozialistischen Einstellung wurde er nach dem Krieg jedoch vom Dienst suspendiert. Her Enning umgarnt den jungen Edmund, welcher – durch seine Naivität geblendet –  seinen ehemaligen Lehrer begleitet. Es stellt sich heraus, dass Enning immer noch in nationalsozialistischen Kreisen verkehrt und dessen Mitglieder versuchen mit Kindern Profit zu schlagen, indem sie diese auf den Schwarzmarkt schicken. In der Annahme, Lehrer Enning würde Edmund helfen, schickt er auch diesen los, um eine Schallplatte mit Aufnahmen Hitlers an Soldaten der alliierten Streitkräfte zu verkaufen.

Doch auch auf dem Schwarzmarkt hat Edmund kein Glück, um die Existenz der Familie zu sichern. Alle seine Versuche, die Familie zu unterstützen scheinen zum Scheitern verurteilt. Unterdessen geht es dem Vater immer schlechter, er muss ins Krankenhaus eingeliefert werden. Das Schicksal und die Krankheit seines Vaters nehmen den Jungen mit. Als Edmund erneut seinen Lehrer aufsucht, um für ihn noch einmal etwas auf dem Schwarzmarkt zu verkaufen, weißt dieser den Jungen jedoch ab. Bei Gespräch wird erneut ersichtlich, dass Enning – die nationalsozialistische Gesinnung immer noch im Kopf –rät Edmund, sich nicht weiter um den Vater zu kümmern und seinen Zustand nicht weiter zu beachten. Schließlich müssen die Schwachen gehen, damit die Starken bleiben. Der verwirrte Edmund nimmt dies als Anlass, seinen Vater zu vergiften. Das Ausmaß seines Handels wird dem Jungen jedoch erst später bewusst werden. Weiterlesen