Eine Frage der Identität – Vom Filmfest München 2017

— Eine Kritik von Lucia Distler

„Youth on the Move“ ist das diesjährige Motto der Münchner Filmfestspiele. Die Stadt öffnet ihre Tore und Kinos sowohl international gefeierten Filmemachern, als auch weniger bekannten Filmkünstlern aus aller Welt. Viele haben ihr Talent längst entdeckt und warten nur darauf, es in die Welt hinaustragen zu dürfen. Neben bekannten Größen wie Bryan Cranston, dem diesjährigen CineMerit-Preisträger und Sofia Coppola, deren gesamtes Werk in einer Retrospektive zu bewundern ist, werden Filmjuwelen unter anderem aus Frankreich, Russland, China, dem Iran und Lateinamerika präsentiert. Besonders für Filmliebhaber, denen der normale Kinoalltag oft zu grau ist, ist die Woche vom 22. Juni bis zum 1. Juli ein Fest für die Sinne. Die ideale Gelegenheit, Werke zu entdecken, deren Geschichten man andernfalls nie erfahren hätte. Im Grunde genommen gibt es so viele Geschichten, wie es Filme gibt, aber bestimmte Themen finden sich in mehreren Erzählungen wieder. Die Identitätssuche ist solch ein Thema, eines, das auf dem Filmfest viele Regisseure zur Sprache gebracht haben. Die im Folgenden betrachteten Filme setzen sich auf ganz unterschiedliche Weise mit der Suche nach der eigenen Persönlichkeit auseinander. Weiterlesen

München: Die Erste. München: Die Zweite. München: Die Fünfunddreißigste.

Wo ist hier eigentlich das Popcorn?

— Eine Kritik von Isil Sanli

Diesen Sommer erlebte ich das 35. Filmfest in München. Für mich: mein erstes Filmfestival überhaupt! Drei Tage, drei Filme. Rückblickend definitiv nicht genug. Das Münchener Filmfest war für mich eine ganz neue Erfahrung und vor allem ganz anders als erwartet. Nicht zwangsweise schlechter als erwartet, sondern eben eher anders als erwartet. Erwähnt werden muss hier, dass ich mit meiner fehlenden Filmfestivalerfahrung, aber auch wenig Erwartungen mitgebracht habe. Das Festival fand vom 22. Juni bis 1. Juli 2017 in verschiedenen Kinos in ganz München statt. Ingesamt 180 aktuelle Filme aus 60 verschiedenen Ländern wurden gezeigt. Darunter auch einige Prämieren. Auch rund um das Festival wurde an Events und Stars nicht gespart, so zumindest die Ankündigung. Viele Regisseure und Schauspieler waren selbt vor Ort und für Gespräche verfügbar. Das Filmfest fand in diesem Jahr zum 35. Mal statt und ist neben dem Berliner Filmfest das Größte in Deutschland.

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Mein erstes Mal roter Teppich

Ein Besuch des Filmfests München 2017

— Eine Kritik von Mirko Hanel

Ich glaube fest daran, dass jeder Eventbesuch mit der Vorbereitung steht und fällt. Also haben wir Karten vorreserviert und direkt online gekauft. Eine Filmliste wurde erstellt. Meine Mitreisenden und ich klärten Unterkünfte und nahmen einen kleinen Roadtrip in Angriff: Von Bayreuth nach München. Wir hatten Cracker dabei, hatten unsere Schlafsachen so klein gehalten, dass sie in Rücksäcke passen. Zwar war ich zuvor einmal selbst zu Gast bei den Grenzland Filmtagen in Selb, aber das war aber nur kurz. Ich war mir sicher: München würde groß werden. Das Filmfest würde groß werden. Weiterlesen

„Wenn jemand meine Sache sieht, trete ich schon in Erscheinung“

— Eine Kritik von Alexandra Frey

Ich war wirklich neugierig und gespannt auf den Filmabend im Iwalewahaus. Dort zeigte „Kino ist Programm“ am 17.06.2017 den Film zu Joseph Beuys. Ein freundlicher Empfang und eine einladende Eingangshalle verstärkte meine Vorfreude noch. Ich wusste nicht wirklich was mich erwarten würde, war ich ja noch nie zu einer Veranstaltung von „Kino ist Programm“ oder im Iwalewahaus. Meine Erwartungen zum Vorstellungshaus waren nicht groß, da ich mit einem verstauben kleinen Vorstellungsraum und nur wenig anderen Kinogästen rechnete. Allerdings bestätigte sich zum Glück keiner dieser Befürchtungen. Ein Blick auf die weitere Programmauswahl des Veranstalters zeigte neben dem Oscargewinner Moonlight einige weitere Nischenfilme, welche sich nicht dem Blockbuster Kino Hollywoods beugen. So werden im Juli zum Beispiel Filme wie Innen Leben (Publikumspreis der Berlinale) und Gimme Danger von Kultregisseur Jim Jarmusch gezeigt. In dem Film Innen Leben von Philippe Van Leeuw, geht es um die resolute Oum Yazan, welche während des syrischen Bürgerkriegs versucht in ihrem zu Hause, ihre Familie in Sicherheit zu halten und den Lebensalttag fortzusetzen.  Der Film Gimme Danger befasst sich mit den Wegbereitern des Punkrock Iggy Pop und The Stooges. Trailer beider genannten Filme wurden vor dem Hauptfilm Beuys den Zuschauern präsentiert und machten so Lust auf mehr. Die Auswahl beider Filme zeigt wie vielfältig die Filmwahl von „Kino ist Programm“ ist und, dass sich ein Besuch immer lohnt. Weiterlesen

Ist das Kunst oder darf das weg? Beuys – ein Film über einen Revolutionär der besonderen Art

— Eine Kritik von Stefanie Markert

Der Film Beuys wurde im Rahmen der Programmkinotage des Vereins Kino ist Programm e.V. am 17. Juni 2017 im Foyer des Iwalewahauses in Bayreuth vorgeführt. Im Anschluss an den Film fand ein Filmgespräch für alle Interessierten statt. Die Kritik befasst sich mit dem Film als ein Event und dessen Einbettung in eine Kinoreihe.

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Kunst, die Eindruck macht – im Zentrum von kulturellem Austausch

— Eine Kritik von Lisa Sedlmeier

Ich bin gar kein Künstler. Es sei denn unter der Voraussetzung, dass wir uns alle als Künstler verstehen, dann bin ich wieder dabei. Sonst nicht.

Ein Zitat von Joseph Beuys, das wohl am besten seine Person, seine Wahrnehmung von Kunst und auch die Meinungen des Publikums nach der Vorführung von Andres Veiels Film über den Künstler widerspiegelt. Die Intitiative „Kino ist Programm“, zeigte am Nachmittag des 17. Juni den Film Beuys von Andres Veiel inklusive einer Filmbesprechung. Angeleitet wurde diese durch Expertinnen zu Joseph Beuys im Iwalewahaus, einem Zentrum für zeitgenössische Kunst und die Kulturen Afrikas. Das Iwalewahaus, zentral in Bayreuth gelegen, ist ein Altbau mit Kuppeldach und wirkt von außen imposant und einladend. Der Vorführungsraum selbst bricht mit den Erwartungen auf einen Raum mit dem typischen Altbaucharme. Dafür punktet er mit klaren Linien, moderner, schlichter Gestaltung und sehr viel Helligkeit – wobei der letzte Punkt in Anbetracht dessen, dass es bei der Filmvorführung dunkel ist, sicher vernachlässigt werden kann. Insgesamt herrscht eine angenehme Atmosphäre, geprägt von internationaler Kunst und einem sehr gemischten Publikum. Es wirkt weltoffen, tolerant und ein wenig alternativ. Vielleicht die perfekte Umgebung für die Vorführung von einem Film wie Beuys. Nach einer kurzen Ansprache der Leiterin des Iwalewahauses startet der Film und man kann eine gewisse Spannung im Publikum wahrnehmen. Weiterlesen

Die Geschichte des Manns mit Hut präsentiert sich Oberfranken

Beuys mit Filmgespräch im Iwalewahaus Bayreuth, 17. Juni 2017

— Eine Kritik von Jenny Loth

Auf gewöhnlichen Polsterstühlen wurde das ungewöhnliche Schaffen eines der außergewöhnlichsten deutschen Aktionskünstler geschaut.

Noch schnell eine, für Kinoverhältnisse ungewöhnlich, bezahlbare Flasche Wasser an der hauseigenen Bar kaufen und schon kann das Abendprogramm beginnen. Im Iwalewahaus in Bayreuth wird der Film Beuys gezeigt. Er feierte seine Weltpremiere dieses Jahr bei den 67. Internationalen Filmfestspielen in Berlin und wurde dann auch ab Mai dem breiten Publikum in ausgewählten deutschen Kinos gezeigt. Auch der Verein Kino ist Programm e.V. war der Ansicht, dass der Streifen es bis in den Bayreuther Kinosaal schaffen soll, deshalb wurde er in das Programm aufgenommen. Ein Wagnis, dessen Ausgang ein fast komplett gefülltes Foyer war. Sie, liebe Leser, fragen sich wahrscheinlich nun, worin das Risiko liegt, einen Programmkinofilm in die eigene Programmkinokultur aufzunehmen. Die Gefahr des Scheiterns bestand jedoch nicht darin, sondern war es ungewiss, ob die Beuys-Interessenten in Bayreuth einen ganzen Saal füllen könnten. Glücklicherweise aber hatten sich viele Kunstfreunde, Beuys-Liebhaber oder einfach Neugierige angefunden. Angeboten wurde nicht nur der Streifen selbst, sondern auch ein zusätzliches Filmgespräch mit Dr. Marina von Assel, der Leiterin des Kunstmuseums Bayreuth, und Dr. Nadine Siegert, der stellvertretenden Leiterin des Iwalewahaus. Weiterlesen

Der Nachklang von Josef Beuys Protestkunst

Über eine Filmvorführung von Beuys (2016) im Iwalewahaus Bayreuth mit einem Filmgespräch.

— Eine Kritik von Anna Willkommer

Andreas Veiel zeigt in seinem Dokumentarfilm Beuys (2016) Josef Beuys als Künstler, Gesellschaftskritiker und Aktivist. Rare Interviews, Bild- und Tondokumente bilden nahezu unkommentiert einen Einblick in die Intention des künstlerischen Schaffens von Beuys und in seine Vorstellung von der Gesellschaft. Nicht gezeigt wird der familiäre Hintergrund, seine Entwicklung im Kriegstrauma oder Genaueres über seine Herkunft. Er klammert wesentliche Themen aus Beuys Leben dabei aus, wie die plastische Kunst, oder der mehr oder weniger bekannten Neigung des Künstlers zum Patriarchischen. Vielmehr beleuchtet der Regisseur, wie Beuys Kunst als Werkzeug zur Verbreitung seiner Ideologien nutzen wollte, bringt dabei die Emotionen und Gedankengänge des Exzentrikers. Museen zeigen Beuys Werke, doch die Filzrollen, Glühbirnen und Hasenfiguren erzählen nicht die Intention und geben durch ihre Beschreibungen und Interpretationen nur einen kleinen Einblick in die politischen und philosophischen Hintergründe. Und gerade die werden im Dokumentarfilm herausgearbeitet und aufbereitet, wie zum Beispiel das Documenta-Projekt „7000 Eichen“ oder Beuys Aktion, sich fünf Tage lang in einer New Yorker Galerie mit einem Kojoten einzusperren. Seine Botschaft: die Kunst steht der Ökonomie gegenüber, als Einflussmittel, das eine Veränderung in der Einstellung der Gesellschaft gegenüber Geld und Macht erreichen soll. Beuys erfand dafür die Kunst neu, außerhalb der Ästhetik als „Rahmenbegriff“, sondern als politisches Mittel.

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Vom experimentellen Kurzfilm bis zum kultigen Werbespot: Die Mediennacht Bayreuth 2017

— Eine Kritik von Sabrina Heldmann —

Ob experimenteller Kurzfilm, Angriff einer Gruselpflanze à la Little Shop of Horrors oder die feine Animation einer Schnecke– in der Mediennacht 2017 begeisterten Studierende der Medienwissenschaft der Universität Bayreuth und Freischaffende mit eigenen filmischen Kompositionen. Veranstaltungsort war auch in diesem Jahr das Kolpinghaus Bayreuth, das mit großer Leinwand, Bühne und samtroten Vorhängen seinen Besuchern, darunter Studierende, Lehrende, Eltern, Freunde und Bayreuther Bürgern, die passende cineastische Atmosphäre bot. Ganz im Stil großer Galaveranstaltungen führte das Moderatorenduo Jonas und Laura Wirthmüller mit spritzigen Dialogen durch den Abend und sorgte trotz „honigwarmen Saal“ für anregende Unterhaltung. Zu Lachern im Publikum führte außerdem immer wieder eine dramatische Live-Schaltung an die Hauptzentrale der Medienwissenschaften, dem Geschwister-Scholl-Platz. Gekonnt setzten hier die „GSP-Überlebenden“ den Countdown für den Start der neuen Website „Schaufenster“ in Szene, auf der künftig filmische Projekte von Studierenden vorgestellt werden. Weiterlesen

Die Vertonung des Tonlosen, oder:
Musik sagt mehr, als tausend Worte

Zur Veranstaltung Sounds of a City, am12. Mai 2017 im Kammermusiksaal des Steingräber Hauses in Bayreuth

— Eine Kritik von Marlene Kriegsmann

Bis zum letzten Platz und noch darüber hinaus besetzt ist der Kammermusiksaal des Steingraeber Hauses an diesem Freitagabend im Mai. Das bunt gemischte Publikum hat sich für einen Stummfilmabend eingefunden, der unter dem Titel SOUNDS OF A CITY steht. Dahinter verbirgt sich jedoch kein durchschnittliches Filmscreening. Denn Filme spielen an diesem Abend keineswegs die alleinige Hauptrolle. Der zweite Protagonist ist nämlich trotz stummer Bilder der Ton, oder besser gesagt die Töne. SOUNDS OF A CITY ist konzipiert als Stummfilm-Musik-Abend in zwei Akten, was nichts weniger bedeutet, als dass die gezeigten filmischen Aufnahmen live und vor Ort neu vertont werden. Eine nicht wenig anspruchsvolle Aufgabe, welcher sich zwei Parteien annehmen – Studierende der Medienwissenschaft der Universität Bayreuth und die professionelle Pianistin Eunice Martins – und, so viel sei an dieser Stelle schon verraten, sie mit Bravur erfüllen. Weiterlesen

Duett der Sinne im Bayreuther Steingraeber & Söhne-Haus

— Eine Kritik von Alexander Wax

Dokumentarfilm mit musikalischer Umrahmung in zwei Akten:

In besonderer Atmosphäre wurde innerhalb der Veranstaltung Sounds of a City – Ein Stummfilm-Musik-Abend in zwei Akten ein Filmabend begangen, der bereits mit Begeisterung und Vorfreude erwartet wurde. Ausgerichtet wurde der Abend von der Medienwissenschaft der Universität Bayreuth in Unterstützung von Kino ist Programm und der Klaviermanufaktur Steingraeber & Söhne. Sounds of a City, der Titel der Veranstaltung lässt bereits schon ein wenig erahnen, was der Inhalt des Abends sein könnte. Abgehalten wurde der Stummfilm-Musik-Abend nämlich im Kammermusiksaal der traditionsreichen Klavierbauer. Weiterlesen

Sounds Of A City: Die Kunst, den Stummfilm zu betonen

Berlin. Die Sinfonie der Großstadt, Walter Ruttmann, D 1927, live vertont von Pianistin Eunice Martins

— Eine Kritik von Natalie Braun

Veranstaltung: Kino ist Musik. Sounds of a City, Steingraeber Kammermusiksaal, 12. Mai 2017

So wurde der Stummfilm noch nie gehört: Die Veranstaltung Kino ist Musik. Sounds of a City ist der musikalischen Begleitung des Films gewidmet. Das Highlight des Abends ist dabei die Live-Vertonung von Berlin. Die Sinfonie der Großstadt von der Pianistin Eunice Martins, am Flügel. Eingeleitet wird die Vorführung mit den Worten aus einer zeitgenössischen Filmkritik von Siegfried Kracauer: „Dieser Film, Berlin, ist eine schlimme Enttäuschung“. Ganz offensichtlich ist dies ein Film-Event der besonderen Art. Weiterlesen

Er wollte Sonne statt Reagan

— Eine Kritik von Daniel Fischer

Alle paar Jahre erblickt ein Film das Licht der Welt, der sich nur schwer in ein bestimmtes Genre einordnen lässt. BEUYS, der im Mai 2017 in den deutschen Kinos angelaufen ist gehört definitiv zu dieser Kategorie. In Programmheften oder auf diversen Internetseiten wird der Film als Dokumentation oder als Biographie aufgeführt, manchmal sogar als Filmbiographie im Dokumentarstil definiert. Doch selbst diese Mischung scheint dem Werk von Regisseur Andres Veiel nicht ausreichend gerecht zu werden. Dieser Film ist deutlich mehr als ein eine simple Dokumentation oder ein langweiliges Bio-Pic. Und das obwohl der Film zum großen Teil aus filmischen Archivmaterial, historischen Bildern und Tonaufnahmen besteht. Doch beginnen wir am Anfang. Weiterlesen