Vom Gefrierfach in die Mikrowelle –
Warum sich Erfolg nicht wieder aufwärmen lässt

Guardians of the Galaxy Vol. 2

— Eine Kritik von Lucia Distler

Der Erfolg von vor 3 Jahren

Um die Weltuntergangsstimmung, die sich unter den Superhelden des Marvel-Universums ausbreitete, etwas aufzulockern, kam 2014 der intergalaktische Abenteuerspaß Guardians of the Galaxy in die Kinos. Regie und Drehbuch übernahm James Gunn. Peter Quill (Chris Pratt), der selbsternannte „Star-Lord“, zog neben jeder Menge Ärger auch diverse komische Gestalten an: durch eine Reihe wahnwitziger Spezialeffekte-geladener Abenteuer, begleiten ihn seine Herzdame, die grünhäutige Assassine Gamora (Zoe Saldana), der genetisch manipulierte und schießwütige Waschbär Rocket Raccoon (Stimme: Bradley Cooper), der humanoide Baum Groot (Stimme: Vin Diesel) und Drax der Zerstörer (Dave Bautista), ein Muskelprotz, der sich konsequent weigert ein Hemd anzuziehen. Die schräge Truppe wächst im Kampf um den Infinity-Stein zu einer echten Gemeinschaft zusammen, die sich auf ihrer Weltenrettermission weder Witz noch Tanz verbieten lässt und mit groovigem 70er-Jahre-Sound durch das Weltall rauscht. So hätte man die unfreiwilligen Superhelden gerne in Erinnerung behalten. Aber wenn der Erfolg und die eingespielten Millionen stimmen, sind Fortsetzungen nicht weit. Das kann gut gehen, muss es aber nicht.

Spezialeffekte mit nichts dahinter

An digitaler Perfektion mangelt es auch James Gunns Guardians of the Galaxy Vol. 2 nicht, der am 27.04.2017 in den deutschen Kinos anlief. Kein Wunder, wenn drei Viertel des Teams aus SFX und VFX Supervisors besteht. Auch Design- und Kostüm haben sich für außerirdische Wesen in allen Farben und Formen, schnittige Raumschiffe, ein beeindruckendes Waffenarsenal und malerische Planeten ins Zeug gelegt. Nur leider können all diese Äußerlichkeiten nicht darüber hinwegtäuschen, was im Kern fehlt: eine Entwicklung der Charaktere, ein ernstzunehmender Antagonist und ein Konflikt, der die Spannung aufrechterhält. Wenn dann auch noch die spritzigen Dialoge überwiegend zu müden Gags verkommen und man zwei Stunden das Gefühl hat, jeden Schritt vorausahnen zu können, macht sich schnell Langeweile breit: Die Söldnertruppe um den selbsternannten Star-Lord ist mittlerweile voll im Einsatz und nimmt sich zu Beginn eine tentakelschwingende, alles verschlingende Kreatur vor. Nur Baby Groot scheint von dem übertrieben spektakulären Kampf reichlich unbeeindruckt und tanzt zu Mr. Blue Sky von Electric Light Orchestra über die Leinwand. Im Austausch für Gamoras kratzbürstige Schwester Nebula (Karen Gillan), bekommt die goldene Hohepriesterin der Sovereigns, Ayesha (Elizabeth Debicki), ihre heißgeliebten Energiebatterien zurück. Rockets Gaunerherz verleitet ihn allerdings dazu, ein paar davon gleich wieder zu stehlen, womit eine Verfolgungsjagd á la Star Wars vorprogrammiert ist. „Papa Star-Lord“, alias Ego (Kurt Russel), entpuppt sich als Retter in der Not, nachdem er nach rund 27 Jahren endlich seine Vatergefühle wiederentdeckt hat. Begleitet wird er von der Empathin Mantis (Pom Klementieff). Der Größenwahn hinter Egos aalglattem Lächeln ist allerdings nur zu offensichtlich. Es ist also kein bisschen überraschend, dass seine Pläne für die Galaxie nicht unbedingt das Wohl der intergalaktischen Bevölkerung im Sinn haben. Dieser schwache Konflikt kann allerdings noch keine 136 Minuten füllen, weshalb man hier und da nebensächliche Konflikte aus dem Boden stampft: Yondu Udonta (Michael Rooker) wird für ein paar ehrenwerte Absichten mit der Meuterei seiner Mannschaft bestraft und Nebula macht Gamora das Leben schwer. Der Rest wird mit actiongeladenen Kampfhandlungen und Baby Groot gefüllt, der tatsächlich ein paar amüsante Szenen für sich verbuchen kann. Aber auch das kleine Bäumchen kann nicht alles retten.

Eingefroren und aufgewärmt – Charaktere ohne Entwicklung

James Gunn hat die Handlung, wenn auch ein Jahr später, dort anknüpfen lassen, wo sie im ersten Film aufhörte. So gab es bisher keine Veränderung innerhalb der Truppe, was nicht weiter schlimm wäre, wenn man als Zuschauer nun etwas geboten bekäme. Aber der Überraschungseffekt des ersten Films versagt, weil die Charaktere ihren Stereotypen absolut treu bleiben. Nebula und Gamora sind in ihrer Hassliebe gefangen, Drax gibt platte Lebensweisheiten zum Besten, die keiner mehr hören kann und Rocket versteckt sein weiches Herz hinter kleinen Gemeinheiten. Kommt einem das nicht bekannt vor? Star-Lord könnte man fast unterstellen, nur in Schwierigkeiten zu geraten, um sie heldenhaft meistern zu können.  Seine oberflächliche Romanze mit Gamora wirkt, als hätte man sie in letzter Sekunde zwischen die ganze Action gequetscht. Sozusagen als Küsschen am Rande, das zusammen mit Baby Groots Kulleraugen die Herzen der Zuschauer erweichen soll. Aber was nicht echt wirkt, kann niemanden berühren.

Übers Ziel hinausgeschossen

Trends sind kurzlebig und drei Jahre Abstand sind kein guter Zeitraum für eine Wiederbelebung. Eine alte Geschichte mit neuen Spezialeffekten, neuer Musik und einer noch seichteren Handlung aufzupäppeln, ist selten gut gegangen. Die Erwartungen an die Fortsetzung waren hoch und dank der 3D-Kinopreise dürfte der Film immer noch genug einspielen, dass sich der geplante dritte Teil noch lohnt. Es ist nicht unüblich, dass beliebte Trilogien in der Mitte schwächeln, das konnte man vor Jahren schon an Fluch der Karibik sehen, als es noch keinen vierten und fünften Teil gab. Trotzdem stellt sich langsam aber sicher der Verdacht ein, dass auch manchen Marvel-Autoren die Ideen ausgehen, wenn sie eine plumpe Handlung mit noch plumperen Witzen und ganz vielen Spezialeffekten zu übertünchen versuchen.