Ein wahrer Fluch – nicht nur in der Karibik.
— Eine Kritik von Alexander Wax —
Zum fünften Mal macht sich Captain Jack Sparrow in Fluch der Karibik – Salazars Rache auf in ein Abenteuer, bei dem er auf mehr alte Bekannte trifft, als ihm liebt ist.
Eine Geschichte ganz in alter Fluch der Karibik-Manier
Zum nunmehr fünften Mal lichtet Johnny Depp als Chaos-Kapitän Jack Sparrow den Anker und reißt die Leinen los, um in See zu stechen. Allerdings geschieht das nicht unbedingt aus eigenen Stücken. Vom Pech verfolgt bleiben die großen Plünder-Erfolge des einstigen Piratenkönigs aus, seine stark dezimierte Crew verlässt ihn. Das Geld ist knapp und so bleibt ihm nichts anderes übrig, als seinen geliebten Kompass gegen eine noch heißer geliebte Flasche Rum einzutauschen. Diese unbedachte Geste ruft jedoch einen alten Bekannten Jacks auf den Plan, Armando Salazar. Ihn und seine Crew verwandelte Jack zu Beginn seiner berüchtigten Piratenlaufbahn zu Untoten, die fortan ihr Dasein im Teufelsdreieck fristen müssen und ihre Wut darüber an Schiffen auslassen, die sich in diesen Gewässern verirren. Durch das Weggeben des Kompasses konnten Salazar und seine Crew jedoch die Fährte zu Jack aufnehmen. Als wäre das noch nicht genug, ist auch William Turners Sohn Henry auf der Suche nach Jack Sparrow. Henry benötigt Jacks Hilfe, um seinen Vater endgültig von dem Fluch zu befreien, der ihn an die Flying Dutchman bindet. Nur der Dreizack des Poseidon hat die Macht, alle Flüche der Welt zu brechen. Doch die Suche nach Jack gestaltet sich für Henry schwieriger als gedacht. Henry ist nämlich nicht der einzige, der nach dem Dreizack sucht. Auch Carina Smyth ist hinter dem mystischen Artefakt her. Ihre Wege sind also dazu prädestiniert, sich zu kreuzen, wo bliebe denn sonst das Abenteuer?
Jack gefunden, machen sich die drei nach ulkigen und teilweise vorhersehbaren Zwischenfällen also auf den Weg, um den Dreizack zu finden und zu verhindern, dass Salazar seine im Filmtitel bereits angekündigte Rache wirklich in die Tat umsetzen kann.
Wiedersehen mit alten Bekannten
Für den fünften Teil konnte Produzent Jerry Bruckheimer die Hauptdarsteller des ersten Teils erneut verpflichten, nachdem Orlando Bloom und Keira Knightley im vierten Teil der Reihe erst einmal aussetzten. Für das angebliche Finale der Pirates of the Caribbean-Reihe allerdings kehren die beiden zurück. Im Kino erwische ich mich, wie ich darauf warte, wann die beiden denn endlich auftauchen. Auf Orlando Bloom müssen wir nicht lange warten, dieser gibt sich bereits in der ersten Szene die Ehre. Miss Swann alias Keira Knightley lässt uns da schon etwas länger zappeln.
Doch scheinbar muss sich auch dieser Mini-Auftritt im fünften Teil der Reihe bezahlt gemacht haben, glänzt die Schauspielerin allein durch ihre Anwesenheit, auf Text wurde schlichtweg verzichtet.
Beeindruckende Piraten
Durchweg positiv sind allerdings die Special Effects zu sehen. Bereits der erste Teil setzte in der Industrie mit der Animation der untoten Piraten Maßstäbe. Und auch in Salazars Rache ist die Crew des spanischen Piratenjägers mit beeindruckender CGI-Technik animiert. Hier sind besonders die Haare Salazars herauszuheben. Bei ihnen entsteht so der Eindruck, als würde er sich unter Wasser fortbewegen, obwohl er sich über der Wasseroberfläche aufhält. Die Effekte kommen in der 3D-Version des Films zwar besonders zur Geltung, zwingend notwendig ist der Besuch der 3D-Version allerdings nicht, falls dieser in einem Kino auch in der Standardversion gezeigt wird. Denn die erzeugte Räumlichkeit, die erzeugt werden soll, ist nur wenig spektakulär. Die Geschichte fügt sich passend an die vorherigen Filme an und schafft es sogar, den Bogen zum ersten Film zu spannen, indem auf einige offene Fragen tatsächlich eine Antwort gefunden wird.
Genre: Unentschlossen
Was besonders auffällt ist, dass sich Salazars Rache auf kein festes Genre festlegen möchte. Von Abenteuer- und Action-Elementen ist über komödiantische Einlagen und Gefühlschaos alles mit an Bord. Dieses Potpourri an verschiedenen Storyelementen geht dennoch teilweise zulasten der Geschichte. Viele Zwischenfälle sind vorhersehbar, Witze wirken teilweise aufgesetzt und erzwungen. Es ist durchaus verständlich, dass man sich in der heutigen Kinowelt nicht mehr auf ein bestimmtes Publikum festlegen möchte, schon gar nicht bei solch einer Produktion. Denn mit geschätzten 320 Millionen US-Dollar Produktionskosten steigt Fluch der Karibik – Salazars Rache in den Olymp der teuersten Filme aller Zeiten auf. Und obwohl diese Zahl die Vorgehensweise, sich nicht in ein Genre drücken zu lassen, durchaus unterstreicht, wäre eine konsequentere Einhaltung eines Stils für die Rezeption der Geschichte vielleicht förderlicher. Allerdings möchte Hollywood mittlerweile eben jedermann mit seinen Filmen ansprechen. Dass das Fluch der Karibik-Franchise mittlerweile zu Disney gehört, trägt seinen Teil dazu bei. Schließlich soll ja die ganze Familie unterhalten werden. Man möchte an die Kassenerfolge des Anfangsfilms anknüpfen, aber selbst der besten Filmreihe geht irgendwann einmal die Luft aus. Als Zuschauer wird man in Salazars Rache gut unterhalten und mit beeindruckenden Bildern am Ball gehalten. Doch dadurch, dass man das alles schon irgendwie irgendwo und vor allem schon vier Mal gesehen hat, gewöhnt man sich an die unglücklichen Aktionen des Chaos-Piraten Jack Sparrow, gefolgt von seiner Crew, die nicht gerade durch ihre Intelligenz bestechen kann. Für einen unterhaltsamen Abend im Kino ist Fluch der Karibik – Salazars Rache durchaus zu empfehlen, wer allerdings auf eine Erfolgsfortsetzung der Superlative wartet, wird dennoch etwas enttäuscht seinen Kinositzplatz am Ende des Films verlassen.
Ende gut, alles gut?
Der Mix an Genres und die gezwungen konstruierte Konstellation der Charaktere macht ein Happy-End unausweichlich. Der Vater kehrt zur Familie zurück, die Flüche sind gebannt und Turner-Junior hat seine erste Freundin gefunden. Und auch Jack Sparrow scheint endlich das zu bekommen, was er schon im ersten Teil von Fluch der Karibik wollte. Seine geliebte Black Pearl.
Ob es sich bei Salazars Rache nun wirklich um den allerletzten Teil der Reihe handelt bleibt derzeit noch offen. Es wäre allerdings durchaus denkbar, dass Johnny Depp es sich nicht nehmen lässt, erneut in seiner Paraderolle als (deutlich gealterten) Piratenkönig zu glänzen. Anknüpfmöglichkeiten für zukünftige Franchises werden in diesem Teil der Piraten-Saga zuhauf geliefert. Was für eine Fortsetzung in Deutschland allerdings zur Herausforderung werden könnte, ist der Titel der Serie. Jetzt, da alle Flüche gebrochen sind, wird man sich in Zukunft wohl auf einen anderen Titel für die Abenteuer um Jack Sparrow bemühen müssen. Anscheinend möchte man sich hier jede Möglichkeit offenlassen. Damit der „Fluch der Karibik“ allerdings nicht zum Fluch für die Kinogänger und die Produzenten wird, wäre der Verzicht auf einen sechsten Teil nicht der schlechteste Weg. Denn um diesen Fluch zu brechen, wäre selbst Poseidons Dreizack zu schwach.