Alien, Alien Mjam Mjam Mjam
Endlich wieder Müsli für die Fans
— Eine Kritik von Victoria Mandl —
Nach einer langen Durststrecke und der Desert of Joy namens Prometheus, die so manch einen Alien Fan in die Knie zwang, erwuchs mit der Ankündigung des zweiten Alien-Prequels Alien: Covenant bei dem ein oder anderen doch wieder ein kleines Fünkchen Hoffnung: Vielleicht schafft es Ridley Scott ja beim zweiten Anlauf, endlich einen Alien-Film abzuliefern, der den Geschmack der Alien-Anhänger bedient.
Die Enttäuschung der Alien-Kenner über Ridley Scotts Prometheus – als unabhängiger Film im Alien-Universum zeitlich weit vor den ursprünglichen Alien-Filmen angesiedelt – vor knapp fünf Jahren war riesig. Fade Figuren und unnötig aufgesetzte Metaphysik konnten die Lust auf Deep Space Terror bei den Zuschauern einfach nicht befriedigen. “[E]in handwerklich brillanter Science-Fiction-Horror-Film [heraus], aber alles in allem doch ein großer Mythen-Rührquark mit vielen abgeschmackten Bildern aus der abendländischen Bilderbackstube”, so beschreibt Thomas Assheuer das Debakel 2012 in der August Ausgabe der Zeit. Nur eine Dekade nach Prometheus setzt die Handlung von Alien: Covenant ein. Ein Film, der sich diesmal auch schon auf dem Etikett als Teil des Alien-Franchises verkauft, und von vorneherein verspricht: Das hier wird nichts Neues, nichts Individuelles abseits des Klassikers, sondern dieser Film ordnet sich ganz offen als Prequel in die Alien-Reihe ein.
Die Eingangssequenz überwältigt zunächst durch ihre Bildgewalt und wiegt schwer an kulturellem und philosophischem Geplänkel. Der Android David steht im Mittelpunkt – Wer durch die schwere Prometheus Enttäuschung gegangen ist, erkennt diesen sofort mit Schrecken. Ein Horror ganz anderer Art. Doch zum Glück geht es danach schnell in die Weiten des Alls und die Kamera streift mit dem Androiden Walther durch das Kolonieschiffs Covenant. Da werden Erinnerungen an die leeren Gänge der Nostromo wach und die Vorfreude steigt. Als dann noch die Crew vorzeitig aus dem künstlichen Tiefschlaf erwacht, gibt es kein Halten mehr: Wann ist es endlich soweit? Wo stecken sie, die Facehugger, die Chestburster, die Aliens?! Das Wissen, dass ganz in Alien-Manier, das Erscheinen dieser wundervoll inszenierten Kreaturen unausweichlich ist, verleiht dem Film ein ganz eigenes Spannungsgefühl. Die Storyline ist klar, im Vordergrund steht Freude an ebendieser, die durch viele weitere filmische Schmankerl noch weiter angeheizt werden.
Für den Kenner des Klassikers gibt es einige kleine Eastereggs zu entdecken und wie auch bei den vorherigen Filmen, sogar bei Prometheus, erweist sich auch bei dem neusten Alien-Sprössling die Mise en scène als wissenschaftlich plausibel und gleichzeitig eindrucksvoll. Große Sonnensegel, Gänge voller Stase-Pots und der Hightech-Lander der Covenant lassen die Science-Fiction-Herzen höherschlagen. Die Filmwelt selbst wirkt so realitätsnah, dass der Horror seine Wirkung umso leichter entfalten kann. Auch die jetzt weiß und schleimig glatt erscheinenden Alien-Neomorphs wirken wie ihre Vorgänger unglaublich organisch und als rein fortpflanzungsgetriebene Wesen erschreckend echt. Ästhetisch steht Alien: Covenant dem Ursprungsfilm von 1979 in nichts nach.
Manche der Bilder scheinen sogar direkt aus dem Klassiker übernommen zu sein, so sehr erinnern sie an die Einstellungen des Originals: Die erste gemeinsame Besprechung der Crew nach dem unerwarteten Ende ihres Tiefschlafes oder auch der in die Einstellung geschmuggelte Wippvogel, der schon im ersten Film bedeutungsvoll in den Fokus rutscht. Ganz in der Tradition des Horror-Genres und auch der Alien-Filme selbst wird natürlich auch in Alien: Covenant das Motiv des Final Girls aufgegriffen. Katherine Waterston als Daniels macht sich wundervoll als Ripley Klon und trägt das weiße Tanktop und die Kurzhaarfrisur mit Würde – natürlich inklusive des obligatorischen Nippelblitzers. Auch wenn Katherine Waterston eine überzeugende Performance ablegt, schafft sie es nicht, aus dem Schatten der ikonischen Alienjägerin Ripley zu treten.
Das mag aber auch an der stark vereinfachten Figurenkonstellation liegen: Da hat man es sich einfach gemacht. Komplexe Beziehungen oder wirkliche interpersonelle Konflikte darf man nicht erwarten, wann soll dafür auch Zeit sein, wenn man so schnell wie möglich die Aliens auf die Leinwand bekommen will? Die ganze Crew setzt sich zusammen aus verheirateten Pärchen, plausibel, wenn man bedenkt, dass sie ja auf dem Weg sind eine neue Welt zu besiedeln, sich ein neues Liebesnest zu bauen – wer träumt nicht von Zweisamkeit in einer Blockhütte am See? Einen komischen Geschmack hinterlässt diese extreme Vereinfachung dennoch. Aber komplexe Figuren in einem Horrorfilm, kann man das erwarten oder ist das nicht vielleicht ein fast utopischer Wunsch?
Hervorzuheben ist jedoch die fast homoerotische Beziehung zwischen den beiden Androiden David und Walther – beide unglaublich überzeugend gespielt von Michael Fassbender. Das Verhältnis der beiden Androiden unterschiedlicher Generation mit ganz eigenen Ansichten über die Menschheit bildet den komplexesten Part der Erzählung und wirkt als Dreh- und Angelpunkt, welcher der Story doch noch einen tieferen Sinn, ein bisschen Würze, verleiht. Während die Androiden den Film zwar in seiner Komplexität bereichern, ist es die Nebenfigur Tennessee, die den Film emotional trägt und den Zuschauern keine andere Chance lässt als mitzufühlen. Danny McBride zeichnet den offen emotionalen Piloten so einfühlsam und gleichzeitig so sympathisch, dass man sich fast wünscht, dass er und nicht Katherine Waterston die Rolle des Final Girls übernimmt – so revolutionär ist Alien: Covenant dann aber leider doch nicht.
Alien: Covenant ist kein Luxusfrühstück mit Ei und Bacon, sondern vielmehr das tägliche Müsli, das man kennt und welches jeden Morgen wieder in gleicher Weise den Frühstückshunger stillt. Wer also Hunger auf einen gelungenen Horrorfilm hat, für den ist Alien: Covenant auf jeden Fall einen Besuch wert. Noch besser schmeckt der Film mit Sicherheit Kennern der übrigen Alien-Filme, für die gibt’s nämlich ein Nostalgie-Topping oben drauf.